▷ Naturschutz als Gesundheitsvorsorge

Menschen zerstören natürliche Lebensräume, fangen Wildtiere und halten Nutztiere in Massentierhaltung. Die Natur schlägt mit Zoonosen zurück.

»Zoonosen sind Infektionen oder Krankheiten, die direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können, beispielsweise durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder den Kontakt mit infizierten Tieren.«

Jedes Jahr entstehen im Durchschnitt fünf neue Krankheiten, die den Menschen betreffen. 75 Prozent dieser neuen Infektionskranken (also drei pro Jahr) wurden in den letzten zehn Jahren von Tieren auf den Menschen übertragen. Der sogenannte Spillover - so nennt man die Übertragung von Krankheiten zwischen verschiedenen Spezies auch - ist keine Neuigkeit. Neue Krankheitserreger haben die Menschheit seit jeher oft über die Tierwelt erreicht. Richtig gefährlich wird es dann, wenn die Krankheitserreger so mutieren, dass die Ansteckung von Mensch zu Mensch möglich wird.

Naturschutz als Gesundheitsvorsorge

Dass die Zoonose jedoch heute besonders häufig geschieht, ist ein Problem, das die Menschen allein sich selbst zu verdanken haben.

Zoonosen werden durch Massentierhaltung, Zerstörung der Lebensräume und Wildtierhandel gefördert

Tierzucht wird zur Virenzuch

Als die urzeitlichen Menschen sesshaft wurden und mit der Viehzucht begannen, legten sie auch den Grundstein für die Verbreitung von Krankheiten unter den Nutztieren und die folglich mögliche Übertragung auf den Menschen.

Dass Spillover von Krankheiten heute immer häufiger wird, hat jedoch konkrete Gründe. Wenn Schweine früher im Stall krank wurden, bekamen sie Husten, Fieber, manchmal Lungenentzündung. Einige Wochen später waren die Tiere wieder gesund. Heute sind die Krankheitsverläufe meist milder, dafür genesen die Schweine in ihren Ställen nie wirklich, die Krankheiten werden zunehmend chronisch. Durch die dichte Besetzung der Ställe und den ständigen Nachschub an Jungtieren können Viren und andere Krankheitserreger jahrelang im Stall zirkulieren. Stress und Verletzungen schwächen die Tiere noch zusätzlich, wie Eva Rosenberg von Vier Pfoten weiß.

Die große Zahl der Tiere, die auf engem Raum zusammengepfercht werden, vermischt mit der ständigen Anwesenheit von Krankheitserregern und dem engen Kontakt zum Menschen, erhöht das Risiko von Zoonosen um ein Vielfaches.

Der Wildtierhandel als Seuchenrisiko

Doch Massentierhaltung allein ist nicht der einzige Risikofaktor für das Überspringen von Krankheiten von Tieren auf den Menschen.

Der oft unkontrollierte Handel mit Wildtieren stellt ein besonders hohes Gesundheitsrisiko dar. Auf Wildtiermärkten kommen Wildtiere, Nutztiere und Menschen in engen Kontakt miteinander - der perfekte Ort für eine Zoonose. Oft sind die Hygienebedingungen sowohl bei der Haltung der noch lebenden Wildtiere als auch bei der Schlachtung und Verarbeitung katastrophal. Krankheitserreger vermehren sich ungestört und finden neue mögliche Wirtsorganismen - Menschen inbegriffen.

Zerstörung natürlicher Lebensräume als direkte Ursache von Krankheiten

Die Entwaldung und Zerstörung von Lebensräumen der Wildtiere zwingt diese, den Menschen viel näher zu sein, als es ihnen lieb wäre. Mit wachsendem Kontakt mit dem Menschen und mit den Tierarten untereinander steigt das Risiko der Zoonose.

In seinem Buch "Spillover" sagt der US-amerikanische Autor David Quammen treffend: "Wo Bäume gefällt und Wildtiere getötet werden, fliegen die lokalen Keime wie Staub umher, der aus den Trümmern aufsteigt."

Konkrete Beispiele für Zoonose

1981 HIV (Aids) Das Virus wurde ursprünglich von Affen übertragen, etwa 35 Millionen Menschen sind auf der ganzen Welt bereits daran gestorben. Heute ist die Krankheit noch immer nicht heilbar, sie ist jedoch durch gute Therapien kein Todesurteil mehr.
2002 SARS Die mit SARS-CoV-2 verwandte Krankheit forderte etwa 800 Todesopfer in China und stammte von Fledermäusen.
2009 Schweinegrippe Die Atemwegserkrankung brach in mexikanischen Schweineställen aus und verbreitete sich weltweit, blieb jedoch zum Glück harmlos.
2014-2018 Ebola Das extrem ansteckende Fadenvirus mit hoher Todesrate tötete oft innerhalb weniger Tage, tausende Menschen starben in Afrika. Flughunde werden als ursprüngliche Wirtstiere des Virus vermutet.
2019 SARS-CoV-2 (Covid 19) Auslöser einer weltweiten Pandemie. Die Krankheit fand auf einem Wildtiermarkt in Wuhan (China) ihren Ursprung, Fledermäuse werden als ursprüngliche Wirtstiere vermutet.

Was tun gegen die Seuchengefahr?

Nicht die Tiere sind die Schuldigen an der Ausbreitung der Krankheiten, sondern der Mensch, der ihnen schlechte Lebensbedingungen und enges Zusammenleben aufzwingt. Naturschutz, Verbot von Wildtierhandel und artgerechte Tierhaltung sind, so seltsam es klingen mag, die besten vorbeugenden Maßnahmen für den Schutz vor Pandemien. Es geht nicht mehr nur um scheinbar altruistische Werte, sondern vollkommen egoistisch darum, die Gesundheitsvorsorge für die Menschheit auf effiziente Art zu garantieren: durch Naturschutz und Artenschutz.

(veröffentlicht am: 08.02.2021 )

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